04.12.2024
Folge 21: Rotbrauner Jäger im Rüttelflug: Auch dem Turmfalken kann geholfen werden
NABU-Tipps zur Artenvielfalt zuhause
Gut 35 Zentimeter wird er groß und mit gänzlich ausgebreiteten Flügeln kommt er auf eine Spannweite von fast 75 Zentimetern: der Turmfalke. Kaum ein Greifvogel ist dem Menschen in unserer verstädterten Landschaft so „nah“, hat sich uns aufgrund des durch den Städtebau geschaffenen Brutplatzangebots fast „angeschlossen“.
Wie ein Hubschrauber in der Luft
Aber: Der Turmfalke, der für seinen charakteristischen Rüttelflug bekannt ist, in dem er wie ein Hubschrauber in der Luft zu stehen scheint, um seine Beute am Boden zu erspähen, ist bestandsmäßig in weiten Teilen Europas im Sinkflug – seit bereits gut 30 Jahren, betont Christoph Gath, Vorsitzender der NABU-Ortsgruppe Essershausen, der dazu aufruft, für den Turmfalken aktiv zu werden.
Sie lieben es luftig
„Turmfalken sind in unseren Städten und Dörfern Nutznießer des Menschen, was seine Brutplätze betrifft: Als ursprüngliche Brutvögel in Felsnischen folgten sie den Menschen, die begannen, höhere Gebäude zu errichten. Ihr Name ist sozusagen Programm“, schmunzelt der Naturschützer. „Sie lieben es luftig: Turmfalkenbruten finden sich an Kirchtürmen, auf hohen Masten, an Silos, an Brückenpfeilern und vielen anderen hochgelegenen Stellen. Dort erblicken die jungen Turmfalken das Licht der Welt und werden von ihren Eltern vor allem mit der Hauptnahrung aufgezogen – Mäusen. Feldmäuse und Wühlmäuse stehen ganz oben auf dem Speiseplan des Turmfalken, der im Jahr 2007 vom NABU zum Vogel des Jahres gekürt wurde“, berichtet Gath. „Wenn es jedoch ein schlechtes Mäusejahr ist, verlagert sich zwangsweise der Appetit in Richtung kleiner Vögel. Auch Insekten, insbesondere größere wie Heuschrecken und Käfer, werden nicht verschmäht; selbst auf Regenwürmer wird ab und an kulinarisch zurückgegriffen.
Nutzen auch alte Nester von Elstern und Krähen
Turmfalken sind allerdings nicht nur in den Nischen der Städte, Dörfer und an Agrargebäuden und Hallen zu finden, sondern nutzen auch alte Nester von Elstern und Krähen, insbesondere an Waldrändern – dort haben sie gute Möglichkeiten, über freien Feldern auf Nahrungs-Rüttelflug zu gehen.
In der Regel bleiben die mitteleuropäischen Turmfalken als so genannte Standvögel ganzjährig in ihren angestammten Bereichen. Einige ziehen jedoch im Frühherbst nach Süden, mitunter sogar bis nach Nordafrika. In strengen Wintern wiederum fliegen immer wieder nord- und osteuropäische Turmfalken bei uns ein, weil die Wetterverhältnisse und damit das Nahrungsangebot in unseren Breiten dann für sie günstiger ist als in ihren Heimatregionen.
Dieses Jahr wieder ein sehr starkes Mäusejahr
„Wie bereits die Vorjahre ist auch dieses Jahr wieder ein sehr starkes Mäusejahr“, berichtet Christoph Gath. Der sich beschleunigende Klimawandel mit seinen heißen und vor allem sehr trockenen Sommern begünstige das. „So profitiert der Turmfalke vorübergehend scheinbar von dieser beunruhigenden und für uns alle schlechten Entwicklung, die der Mensch verursacht hat“, warnt er davor, den Klimawandel und seine Folgen zu verharmlosen. „Da aber infolge der Wetterextreme der Verlust ganzer Ökosysteme droht, wird auch der Turmfalke, wie die meisten Arten, langfristig auf der Verliererseite stehen“, so der Naturschützer.
Gezielte ‚Aussperrung‘
Probleme bereiten dem wendigen Flieger, dessen „kikikikiki“-Rufe wohl jeder bereits gehört hat, viele Faktoren: „Dazu zählt an erster Stelle die Ausräumung der Agrarlandschaft, aber auch veränderte Baumaterialien, die den Turmfalken keine Nischen mehr finden lassen. Die gezielte ‚Aussperrung‘, die sich zum Beispiel durch gespannte Netze in der Regel gegen Tauben richtet, schlägt auch dem Turmfalken die Tür zu“, berichtet Gath von den Erfahrungen vieler NABU-Aktiven, die sich um Turmfalken kümmern.
Für den Turmfalken kann man auch selbst aktiv werden:
„Es kann ein spezieller Turmfalkenkasten aus Holz gebaut werden – was angesichts der Konzeption des Kastens recht leicht ist. Aber: Der Kasten ist groß und sperrig, denn Turmfalken brauchen Platz, auch und gerade die Jungfalken, die darin ihre Schwingen vor dem Ausfliegen erproben müssen“, erklärt Christoph Gath. „Turmfalkenkästen können an Kirchtürmen und allen anderen hohen Gebäuden angebracht werden. Am besten ist es jedoch, sich zunächst bei der örtlichen NABU-Gruppe zu erkunden, ob bereits ein Turmfalkenprojekt durchgeführt wird und sich dort eingebracht werden kann“, rät er. „Dort werden stets helfende Hände gebraucht, denn die Kästen müssen überwacht, gereinigt und gegebenenfalls auch mal repariert werden. Aber die Bruterfolge sind grandios: Mit vielen Kirchengemeinden besteht deshalb eine enge Zusammenarbeit. So manche Webcam sendet während der Brutzeit ‚live‘ und hat ihren festen Zuschauerstamm – das ist besser als so manche Fernsehserie“, freut sich der NABU-Mitarbeiter.
Weitere Infos über die Essershäuser Naturschützer gibt es auf der Homepage: www.nabu-essershausen-com.jimdofree.com
Quelle:
NABU Essershausen