18.11.2024

Musikalische Reise durch die italienische Geschichte

DIG Mittelhessen e.V. feierte 40. Jubiläum

DIG-Vorsitzende Rita Schneider-Cartocci und DIG-Schriftführer Dr. Horst Gerhard eröffneten die Veranstaltung. Foto: A. Riva/DIG

Nach der erfolgreichen Lesung mit Petra Reski in Wetzlar im Oktober feierte die DIG Mittelhessen e.V. ihr 40. Jubiläum in Gießen weiter. Und auch in Gießen organisierte der Verein eine erstklassige Veranstaltung, die das Publikum begeisterte. Um die Vielfältigkeit der kulturellen Aktivitäten zu bestätigen, die die DIG seit vier Jahrzehnten anbietet, ging es dieses Mal - nach Literatur und Zeitgeschehen - um Musik und Geschichte.

Den Erzähler Emiliano Visconti und die Band Faber Sanna & Friends, die in Frankfurt und weiteren deutschen Großstädten in vollen Theatern auftreten, konnte die DIG Mittelhessen e.V. mit dem Programm „Storia d’Italia attraverso la canzone d’autore“ am Samstag, 9. November 2024, nach Gießen bringen. Wie DIG-Schriftführer Dr. Horst Gerhard erklärte, war er von der Veranstaltung im Juni im Gallustheater in Frankfurt beeindruckt und dachte, auch das deutsch-italienische Gießener Publikum könnte sie schätzen. Der ausgebuchte Gemeindesaal in der Pankratiusgemeinde mit rund 70 Personen zeigte, dass er recht hatte. Mit großer Freude begrüßte DIG-Vorsitzende Rita Schneider-Cartocci also Gäste und Künstler.

Die Band Faber Sanna & Friends: v.l.: Fritzekatz (Kontrabass), Fabrizio Sanna (Gesang und Gitarre), Andre Tsirlin (Saxofon) und Jonas Willenbrink (Gitarre). Foto: A. Riva/DIG

Sänger Faber Sanna, begleitet von Kontrabassist Fritzekatz, Gitarrist Jonas Willenbrink und Saxofonist Andre Tsirlin, eröffnete die Reise durch die Geschichte Italiens in der Nachkriegszeit in Neapel mit dem bekannten Lied „Tu vuo‘ fa‘ l’americano“ von Carosone, das sofort Stimmung machte. Die ausgewählten Lieder von den wichtigsten Cantautori harmonierten mit der Geschichte von den Fünfziger bis zu den Neunziger Jahren, die der Musikologe Emiliano Visconti mit Verweisen nicht nur auf die Musik, sondern auch auf Kultur, Politik und Gesellschaft mitreißend erzählte. So konnten die Zuhörer von dem ersten Festival di Sanremo 1951 erfahren und das weltberühmte Lied „Nel blu dipinto di blu (Volare)“ (1958) von Domenico Modugno im Hinblick auf die Jahre des Wirtschaftswunders tiefer verstehen – und zusammen mit Faber Sanna & Friends mitsingen. Bestimmt spannend für die vielen Anwesenden, die die italienische Sprache gelernt haben oder lernen, war die Bedeutung der Liedermacher und des Fernsehens in der Verbreitung der italienischen Standardsprache in den Sechzigern zur Zeit der Zuwanderung aus dem Süden nach dem industrialisierten Norditalien, als die einfachen Leute noch ihre Dialekte meistens gesprochen haben. Musikalische Beispiele dieser Jahre waren Lieder von Luigi Tenco und Fabrizio De André sowie von Paolo Conte, der die Stimmung des Jahres 1968 auch unter der fröhlichen Seite in „Azzurro“ (gesungen von Adriano Celentano) wiedergab. Mit „Il bombarolo“ von De André wurden die Siebziger Jahre, die „bleiernen Jahre“, verdeutlicht, die von vielen Terroranschlägen durch rechtsextreme und linksextreme Gruppen gekennzeichnet waren. Mit dem Ende der Siebziger Jahre führte Visconti das Publikum wieder nach Neapel, wo die ganze Erzählung begonnen hatte, und zwar mit dem Liedermacher Pino Daniele, der neapolitanische Musik mit Blues-Elementen komponierte. Die Achtziger Jahre waren die Zeit des Endes der Ideologien, der Marktgesetze, des Auftritts von Berlusconi in der Politik, des Heroins und des AIDS. In Italien setzten sich die Liedermacher mit dem Zeitgeschehen auseinander und der Vortrag wurde von „La domenica delle salme“ von Fabrizio De Andrè begleitet, der mit dem Tod vieler Werte mit dem Wortspiel „salme“ (Leichen) und „palme“ (domenica delle palme = Palmsonntag) hart umging. De André, Paolo Conte, Pino Daniele, Giorgio Gaber und die zahlreichen Cantautori, die Visconti erwähnte, waren in den Vierziger Jahren geboren worden und erlebten die ganze Geschichte Italiens, die dargestellt wurde.
Der Abend sollte aber nicht mit einer negativen Note enden. Die Band spielte als letztes Lied vom Programm „Io non mi sento italiano“ von Giorgio Gaber, das kritisch und humorvoll von der Italianität handelte. Und nach dem großen Applaus schenkten Faber Sanna & Friends dem Publikum noch das bekannte De Andrés Lied „Bocca di Rosa“ als Zugabe.

Erzähler Emiliano Visconti (l.) und die Band Faber Sanna & Friends. Foto: A. Riva/DIG

Der musikalisch-erzählerische Abend in italienischer Sprache sollte ein Eintauchen in Authentizität sein. Die Projektion von wesentlichen Informationen half den Zuhörern, die der Sprache nicht so mächtig waren, die aber somit die Veranstaltung genießen konnten. Alle Musikstücke wurden makellos live gespielt; die warme Stimme Sannas und die Interpretation der anderen Musiker der Band überzeugten die Zuhörer.
In der 30-minutigen Pause konnten die Gäste Weine und Häppchen genießen, ins Gespräch kommen und der DIG Mittelhessen e.V. zu ihrem runden Geburtstag gratulieren.

Quelle: http://www.dig-mittelhessen.de

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